Calvados nach Mitternacht
Ein 9-Gänge-Menu ist nicht nur viel Arbeit und viel Essen, sondern vor allem ein Riesenspaß. Wir haben über dieses Vorhaben Anfang Dezember Fondue-gefüllt und Wein-beseelt gesprochen und ich muss sagen, ich bin selber überrascht wie schnell wir dann tatsächlich zusammen in einer Küche standen. Wir haben zu viert mittags um 12 mit dem Kochen begonnen. Cremant, Espresso und Küchenbier haben uns beim Kochen begleitet, müde und mutig gemacht und die Vorfreude wachsen lassen. Gegen 18:30h gab es dann den ersten Gang.
Eine Fenchelsuppe mit mariniertem Fenchelsalat und Jakobsmuschel. Ein bisschen Pernod und ein Schuss Sahne mit der Suppe aufgekocht. Die Jakobsmuschel quasi unbehandelt und ganz kurz gebraten oben drauf gelegt war das der richtige Start in den Abend.
Danach gab es ein Spargelcarpaccio mit pochiertem Ei & Sauce Hollandaise, Thunfisch mit Avruga-Kaviar & Kresse. Thunfisch und Avruga-Kaviar (vom geräucherten Hering) sind eine gute Kombination. Theoretisch auch ein pochiertes Ei, wobei wir das leider zu lange gekocht haben und der Kern hart wurde. Ausserdem war das Spargelcarpaccio leider zu sauer. Wer macht auch schon Spargel im Januar? Strafe musste sein. Wobei wir in der Diskussion darauf gleich ein 5-Gänge-Menu im Mai geplant haben: Jeder Gang muss entweder Spargel oder Erdbeeren beinhalten.
Eines von zwei Highlights des Abends war für mich der dritte Gang, den Björn schon vorbereitet hatte: Creme Brulee von Foie Gras mit Portweinrosinen & Birne. Da braucht man nicht viel zu sagen. Wer Foie Gras mag, für den ist die Version mit einem Karamel und den Port-Rosinen ein absolutes Muss. Ich hatte Foie Gras noch nie so gegessen. Meine Skepsis ist beim ersten Löffel verflogen und als ich sah wie die drei anderen seelig grinsten, gab es den Moment der vollkommenen Übereinstimmung zwischen uns vieren.
Ich beschloss, dass ich die folgenden Gänge nicht mit der Foie Gras messen würde, sondern diese Creme einzeln für sich dastehen zulassen.
Es folgte sehr kurz gepökelter & geräucherter Saibling mit Meerettich-Kartoffelpüree und swedish Pickles. Pickles waren in diesem Fall in Champagneressig und Lorbeer gekochte Schalotten und Radieschen. Lecker und eine wunderbare Beilage zu dem Saibling, dessen Konsistenz sich hergab wie streichzarte Butter. Pökeln, räuchern und bei niedriger Temperatur im Ofen ziehen lassen sind das was diesen Fisch zu einem echten Erlebnis machen.
Der 5. Gang wurde ein Gin & Tonic Granite. Lecker, Gin & Tonic eben.
Die Wirsingroulade mit Morcheln in Rotweinsoße und Baconschaum gab es als 6. Gang. Ein nicht ganz rundes Gericht, weil wir in die Füllung zu viel Chili getan haben. Bis auf die ungewollte Schärfe aber lecker, vor allem die Morchel-Rotweinsoße.
Das Highlight Nummer 2 kam für mich mit Gang Nummer 7: Kalbsfilet mit Belugalinsen & getr. Tomaten, dazu Tobinambursauce. Schlicht ein nahezu perfekter Teller. Das Kalbsfilet hatte Spitzenqualität und wurde ebenso zubereitet. Die Topinambursauce übertönte nicht, sondern gab einen leichten Begleiter ab. Ebenso zu den Belugalinsen, die in das Gericht ein bisschen feste Konsistenz gebracht haben. Lecker. Wieder kochen. Bald.
Jetzt wird es schwer. Die Dessertgänge waren nicht meine. Das ist Jammern auf hohem Niveau, aber das erste Dessert: Rocquefordcreme mit Backpflaumenmuß und Selleriesalat passte nicht zusammen. Einzeln waren die drei Bestandteile gut, aber irgendwie hat hier die Kombination nicht gestimmt. Damit wurde ich nicht so richtig warm.
Auch der letzte Gang, bestehend aus drei Apfelvariationen: Apfelterrine, Apfelsoufflet und Apfeleis auf Krokant war nicht ganz mein Geschmack. Keine Frage, es war eine leckere Nachspeise, aber die Latte war speziell nach dem Kalbsfilet und der Foie Gras sehr hoch gelegt. Gut so. Beim nächsten mal werden wir uns dann in die Nachtische stürzen schätze ich.
Zu allen Tellern gab es eine hervorragende Weinauswahl, die sich mit fast jedem Teller wundervoll ergänzte. Zum letzten Dessert haben wir Calvados getrunken – ca. 12 Std. nachdem wir mit dem Kochen begonnen hatten. Es war nach Mitternacht.
Dank an Lutz, der den Job des Sommeliers übernommen hat, Björn für die Geduld uns an der Entstehung des Essen teilhaben und lernen zu lassen und an Paul als meinen Sparringspartner im „Große Augen Machen“, wenn sich die Zutaten, die wir nachmittags gemeinsam gekocht und vorbereitet haben, zu einem leckeren Teller zusammengefügten. Es war ein fantastischer Samstag.
Tobias
Welch großartige Aktion! Schön, das sie auch noch so überaus schmackhaft und gelungen ausgefallen ist!
Flo
Unfassbar lecker ;)
Paul Fritze
Tobias, die Aktion war wirklich gelungen und es hat wunderbar geschmeckt. Wir werden das sicher wiederholen.Flo, stimmt ;-)