Das Semilla in Brooklyn
In South Williamsburg in Brooklyn kann man derzeit im Semilla ganz hervorragend Essen. Die Küche stellt Gemüse in den Mittelpunkt und verzichtet weitestgehend auf Effekthascherei. Man sitzt mit knapp 20 Personen an einer Bar, in der Mitte der Service, am hinteren Ende die offene Küche. Das Publikum ist komplett gemischt. Uns gegenüber sitzt eine ältere Dame allein, daneben Andrew Knowlton mit seiner Begleitung, ein bisschen hippes und ein bisschen bürgerliches Volk. Sehr angenehm alles. Meine Begleitung ist Doreen Winkler, die ich letztes Jahr im Aska bei einem herausragenden Menu kennengelernt habe. Sie war dort die Sommeliere und wir haben uns ein Jahr später zum Essen hier verabredet.
Zur Begrüßung gibt es einen Schluck saftige Rosè Bubbles und dann geht es auch schon los. Zum Anfang ein paar Snacks, die mit den Händen gegessen werden. Radieschen, die mit einem Joghurtpulver bestäubt sind, was einem im Mund schmilzt (cooler Effekt), dazu Foie Gras mit geröstetem Sesam.
Knöterich, den ich zum ersten mal esse und der an nicht ganz reifen Rhabarber erinnert, mit Kräutern als Emulison im Stiel.
Es folgt ein kleiner Pfannkuchen mit Frühlingszwiebeln und Knoblauch. Dazu eine Vinaigrette mit Topinambur und Kohl. Das war nix. Büschen mächtig, um nicht zu sagen fettig. Da half auch die Vinaigrette wenig.
Macht nichts, denn was folgte war der beste Gang des Abends – mal abgesehen von den Desserts. Spargel mit geröstetem Knoblauch – ganz und als Creme -, dazu Reis (!) und ein Trompetenpilz-Crumble. Davon hätte ich noch drei Teller bestellen können. Da passte alles zusammen.
Nach dem Spargel gab es Kräutersalat mit einem schönen Dreh. Warmes Creme Fraiche Dressing, dass den Aromen aus den Kräutern richtig Leben eingehaucht hat und ein Schokocrumble, was immer mal wieder unaufdringlich am Gaumen auftauchte. Super!
Geräuchertes Kartoffelpüree kommt hier als kräftige Beilage zu der Karotte in einem frischen Sud aus Erbsensprossen. Alles schön und gut. Die Karotte hätte mehr Geschmack vertragen, ansonsten ein schöner Gang vor den Dessert.
Das Dessert kommt in zwei Gängen. Safran-Eiscreme mit geräucherter Sahne und Passionsfruchtsaft. Da muss man nichts zu sagen, das funktioniert prächtig.
Und zum Schluss gibt es wieder etwas aus der Käuterkiste von Oma. Maggikraut. Aber wie. Liebstöckelmus wird hier auf Sauerampfersorbet gespritzt. Darunter findet man als süß-saure Komponente Mandarinen-Granita. Ich bin ja jeder Nachspeise ohne Schokoladenanteil gegenüber sehr skeptisch. Hier hat sich die Skepsis in Wohlgefallen aufgelöst.
Ein starkes Menu für $ 75. Eine Empfehlung für Menschen, die Fleisch und Fisch nur als Randerscheinung im Menu benötigen. Große Klasse und vielen Dank an für den schönen Abend an José Ramírez-Ruiz (Chefkoch) und Pam Yung (Pastry Chef).